Hallo allerseits,
heute dürft ihr euch auf einen Gastpost von Julia – der Frau hinter dem tollen Blog Balance-Akt – freuen. Sie erzählt uns jetzt von ihrem Weg, mit dem lieben, alten Perfektionismus im Alltag fertig zu werden. Danke dafür, Julia!
Und euch viel Spaß beim Lesen!
Hallo meine lieben Leser von Selbstbewusstleben!
Ich bin Julia und ich freue mich sehr, dass ich heute die liebe Kristin in ihrem USA-Urlaub vertreten darf. Die einen oder anderen kennen mich vielleicht schon als die Person hinter dem Blog Balance-Akt. Dort schreibe ich über meinen Weg, einen gesunden Lebensstil zu finden. Das schließt für mich sowohl körperliches Wohlbefinden durch Ernährung und Sport als auch seelisches bzw. geistiges Wohlbefinden mit ein. Wenn ihr also auf der Suche nach vegetarischen/veganen Rezepten seid oder ihr euch – so wie ich – auch gerade in einer persönlichen Umbruchphase befindet, dann schaut doch mal bei mir vorbei.
Wie Kristin und viele andere von euch vielleicht auch, bin auch ich ein sehr perfektionistisch veranlagter Mensch. Kristin hat ja schon einige Beiträge darüber geschrieben, wie sie versucht, dem guten, alten Perfektionismus Herr zu werden. Und ich fühle da jedes Mal mit ihr: Perfektionistisch zu sein kann einem das Leben ganz schön schwer machen: Da sind z.B. die hohen Ansprüche, die man hauptsächlich an sich, aber auch an seine Umwelt stellt, die Fehlersensibilität oder auch die Unentschlossenheit, weil man alles richtig machen möchte. Doch hat der Perfektionismus nicht nur schlecht Seiten: Perfektionisten haben in der Regel eine ausgeprägte Werteordnung und Organisiertheit und es ist ja nicht schlecht, wenn man versucht, Fehler zu vermeiden. (Quelle: Wikipedia)
Die perfektionistische Veranlagung kann einem vor allem dann ein Bein stellen, wenn er unbewusst oder bei (für die jeweilige Person) eher unwichtigeren Dingen zuschlägt, z.B. bei einer eigentlich kleinen Aufgabe, die dann zu einem riesen Projekt wird, oder bei der ungeliebten Hausarbeit. Es ist einfach nicht möglich, alles nach den persönlichen Ansprüchen perfekt zu machen! Vor allem dann nicht, wenn man neben der Arbeit und dem Haushalt auch noch eine Vielzahl von Hobbys hat. Dazu hat der Tag zu wenig Stunden. Außerdem ist es auch wirklich gar nicht nötig, alles perfekt machen zu wollen, und man verschwendet oft Energie in Dinge, die es am Ende nicht wert sind – auch das musste ich lernen.
Natürlich fände ich es super, wenn es bei mir Zuhause immer krümel- und staubfrei wäre, die Wäsche immer sofort feinst säuberlich gebügelt und die Fenster ein Mal im Monat geputzt wären. Außerdem fände ich es großartig, wenn ich nach einem Fotoshooting eines Rezepts für den Blog, bei dem ich mit den Bildern nicht zu 150% zufrieden bin, immer Zeit hätte, alles nochmal zu machen. Mein Sport- und Laufprogramm, das ich gerne intensiv gestalte, sollte auch noch gut unterzubringen sein. Und ich würde gerne noch mehr Zeit haben, um mich mit Informationen zu den Themen, die mich gerade brennend interessieren, zu versorgen. Ach ja, hatte ich vergessen zu erwähnen, dass ich auch noch gerne Zeit mit meinem Mann oder mit Freunden verbringen würde und auch einfach mal gerne faul auf der Couch liege?
Da kann einem schon ganz schön schummrig werden und man sieht seine verfügbare Zeit nur so davonlaufen. Doch habe ich in den letzten Monaten mit meinem Perfektionismus Frieden geschlossen, hauptsächlich durch zwei einfache Lektionen, die ich immer mehr verinnerliche – Akzeptieren und Loslassen – und nenne diese Erkenntnis auch gerne meinen für mich völlig neu überarbeiteten Perfektionismus 2.0.
Lektion 1: Akzeptieren
Wenn man sich mal bewusst wird, was man denn gerne alles perfekt machen möchte, dann stellt man schnell fest, dass dies zeitlich einfach gar nicht geht. Das muss man erst einmal so akzeptieren, denn daran führt kein Weg vorbei. Wenn man ständig im Dreieck springt, um alles in (scheinbarer) Perfektion zu erledigen, bei dem sind schnell und oft die Batterien leer.
Es geht aber nicht nur darum, zu akzeptieren, dass die Zeit einem gewisse Grenzen aufweist (ach, wenn die liebe Zeit nicht wäre, was könnte man dann alles in Perfektion hinbekommen?). Man muss auch akzeptieren, dass Perfektion eine sehr persönliche Sache ist. Was für mich perfekt zu sein scheint, kann für jemand anderen meilenweit von Perfektion entfernt sein. Trotzdem neigen Perfektionisten dazu, ihre Ansprüche als global gültig anzusehen. Das Problem dabei ist, dass man ganz schnell ohne Unterstützung dasteht, wenn man kein Links und Rechts von den eigenen Vorstellungen zulässt. „Wenn man’s dir nicht recht machen kann, dann mach’s doch selber,“ ist ein Spruch, den man dann oft zu hören bekommt, wenn man immer seinen Kopf durchsetzen will. Zumindest habe ich den schon oft gehört – früher mehr als heute. Ja, ich bekenne mich dazu, dass ich die Spülmaschine fünf Mal umräume, damit ich den letzten Teller noch reinbekomme, und ich habe auch genaue Vorstellungen davon, wie die Handtücher zusammengelegt werden sollten – aber gerne mache ich diese Aufgaben nicht. Daher ist es doch toll, wenn man genau bei solchen Dingen jemanden hat, der einem das eine oder andere abnimmt bzw. man etwas zusammen erledigt. Das gibt einem wieder mehr Zeit für die Dinge, bei denen sich Perfektionismus wirklich lohnt.
Lektion 2: Loslassen
Womit wir auch bei der zweiten Lektion wären: Nach dem man akzeptiert hat, dass nicht alles perfekt gemacht werden kann, lässt man den Perfektionismus für die Dinge los, für die es sich einfach nicht lohnt, da sie einem persönlich nicht so wichtig sind oder bei denen man eingesehen hat, dass man seine Anforderungen zurückschrauben sollte.
Es geht darum, dass man sich Erleichterung schafft – sei es zeitlich, weil man für manches weniger Zeit aufwendet, oder geistig, weil man sich um weniger Dinge Gedanken macht. Das Spannende daran ist, dass man dadurch auch neuen Raum für Kreativität und Energie schafft und den Perfektionismus gezielt einsetzen kann. Denn, mal ganz ehrlich, es kann auch viele Vorteile haben, wenn man nach Perfektionismus strebt: Man hat die Fähigkeit, tolle Ideen zu entwickeln und im Detail zu durchdenken, man kann richtig gut in einer Sache werden, die einem Spaß macht, und ist daran interessiert, qualitativ hochwertige Ergebnisse zu erarbeiten. Wer die dafür notwendige Energie für Dinge einsetzt, die einem wichtig sind und die einen persönlich weiterbringen, wird man glücklicher und zufriedener sein.
Wer mal im Perfektionsimusteufelskreis gefangen war, der weiß, dass es manchmal schon fast zwanghaft werden und es einem unheimlich schwer fallen kann, manche Dinge einfach loszulassen. Trotzdem ist dieser Zustand ein wahnsinniger Energiefresser und es kann leicht passieren, dass man sich zum Gefangenen seiner eigenen Ansprüche macht. Die Welt wird sich aber trotzdem weiterdrehen, auch wenn man nicht alles perfekt macht. Daher ist es so wichtig, sich im Akzeptieren und Loslassen zu üben und zu lernen, seinen Perfektionismus auf die Dinge zu verwenden, für die es sich wirklich lohnt.