Da ist es wieder. Dieses nagende Gefühl,, dass ich einfach nicht für alles Zeit habe, was ich gern machen würde. Da wären z.B. jeden Tag Sport machen, meine ungelesenen Bücher lesen, Essenspläne für mich entwerfen, Entspannungstraining machen, neue Rezepte ausprobieren, bloggen, mich mit Freunden treffen und noch so vieles mehr. Dazu kommen noch die Dinge, die man eben tun muss (Haushalt, Wäsche etc.). Und selbst dabei habe ich nicht minderhohe Ansprüche! „Zuviel, zuviel,schreit es in meinem Kopf, aber gleichzeitig eben auch: „Nicht genug. Nicht genug!“

Ein altbekanntes Gefühl, welches ich mittlerweile ganz gut einordnen kann. Es liegt in meiner Person begründet und stammt aus zwei sehr typischen Eigenschaften für mich: Perfektionismus und Scanner-Mentalität. Eine grandiose Kombi, bei der dieses nervige Gefühl fast schon vorprogrammiert ist. Was sind die Folgen? – Ich fühle mich unruhig und unausgeglichen. Erledige eines nach dem nächsten, ohne Verschnaufpause. Und bin trotzdem nicht zufrieden.

perfekt

So gut ich dieses Gefühl bereits identifizieren kann, ich habe noch keine Lösung dafür gefunden. Leider! Es taucht immer mal wieder auf und geht wieder.

Natürlich weiß ich, was das Streben nach Perfektionismus ganz allgemein und auch direkt für mich bedeutet: Ich habe viel zu überhöhte Ansprüche, an alles (?) was ich tue. Ich kann schlecht die Kontrolle aus der Hand geben. In manchen Dingen verliere ich immer wieder den richtigen Maßstab aus den Augen (Was ist jetzt für mich ausreichend? Was ist übersteigert?). Außerdem „feiere“ ich meine Erfolge nur kurz oder gar nicht, um danach gleich weiterzumachen. Am Wochenende bei der Hochzeit von der Schwester meines Freunds habe ich das mal wieder gemerkt. Wir haben für das Brautpaar ein Spiel organisiert und bereits in der Planung war ich ruckzuck wieder in der Perfektionismusfalle gefangen. Ich hatte einfach zu hohe Ansprüche, was die Spielausgestaltung betrifft, und habe uns die Vorbereitung dementsprechend schwer und zeitaufwendig gemacht. Doch mit einem dieser Dinge „aufzuhören“ und vielleicht auch mal fünfe gerade sein zu lassen, ist unheimlich schwierig für mich. Oft stecke ich schon mitten in meinen Planungen drin und merke erst hinterher, dass es einfach zu viel war.

Doch die Hochzeitssache hat mir einen guten Hinweis zur Lösung meines Problems gegeben. Es fängt immer auf dieselbe Weise an: mit einem „Gedanken-Film“ in meinem Kopf. Als wir gehört haben, dass wir etwas für das Brautpaar machen können, da fing mein Kopf gleich anzurattern und das Spiel war im Kopf schon perfekt ausgeplant. Ich habe vor meinem inneren Augen quasi einen Film gesehen, wie es abzulaufen hat. Dieser Film hat mich so gefesselt, dass ich nicht einmal darüber nachgedacht habe, wie viel Aufwand das für uns bedeutet, ob es überhaupt realistisch ist und wie man vielleicht eine bessere Lösung schaffen könnte. Nein, es musste genauso sein, wie ich es gesehen hatte… Wenn ich es also schaffe, bereits bei meinen ersten Gedanken einzusteigen und diese zu prüfen, bevor ich mir gleich ein Luftschloss ausmale, dann habe ich, glaube ich, schon viel gewonnen.

Darüberhinaus habe ich im Onlineportal „Zeitzuleben“, welches ich euch vor Kurzem in einem Post schon mal vorgestellt habe, einen tollen Artikel zu dem Thema gefunden: Raus aus der Perfektionismusfalle. Hier wird sich jeder kleine und große Perfektionist definitiv wiederfinden. Besonders klasse finde ich die 7 Tipps. Sie fokussieren sich genau auf das Wesentliche im Kampf gegen den Perfektionisten in uns:

Tipp 1: Sich selbst anerkennen
Tipp 2: Sich von überhöhten Ansprüchen verabschieden
Tipp 3: Lieber effizient als perfekt – die 80/20-Regel (Für mich der wichtigste Ratschlag!)
Tipp 4: Den richtigen Maßstab wiederherstellen
Tipp 5: Vergessen Sie den Wunsch nach absoluter Kontrolle
Tipp 6: Erfolge bewusst anerkennen und genießen
Tipp 7: Lernen Sie Gelassenheit

Den Tipp 3 werde ich mir in Zukunft öfter vor Augen führen, weil er mein Problem lösen könnte. Denn ich weiß, dass ich definitiv an meinem Perfektionsstreben arbeiten möchte. Mein Scannerwesen zu beschränken, wäre eine große Strafe für mich. Ich habe nun mal so viele Interessen in mir, die ich gern ausschöpfen möchte und die mich glücklich machen. Gleichzeitig filtere ich meine Ideen schon sehr gut, was ich nur als Gedankenspiel ausprobiere und was ich wirklich umsetzen will. Ich bin auf dem Weg zu einem glücklichen Scanner und das soll auch so bleiben. Aber ich habe eben in mir noch nicht verankert, dass ich nicht all meine Interessen zu 100% perfekt umsetzen kann!

Aus diesem Grund möchte ich meine überhöhten Ansprüche kritisch hinterfragen und realistische Ansprüche für mich finden, mit deren Erfüllung ich zufrieden bin. Und dabei ist die 80/20-Regel absolut Gold wert! Wenn ich mir vor Augen führe, dass ich mit 20% Kraftanstrengung ein Ergebnis von 80% erreichen kann, während ich für die restlichen 20% zum perfekten Ergebnis aber noch mal 80% an zusätzlicher Energie investieren müsste, dann gehen bei mir die Alarmglocken an! Genau so passiert es bei mir. Immer und immer wieder. Dennoch bin ich mir sicher, dass ich meine überhöhten Ansprüche nicht bewusst auswähle. Es geschieht unbewusst.

Dazu ein kleines Beispiel, welches typisch für mich ist:
Ich werde im August beim Womens Run in Köln die 5km-Strecke mitlaufen. Dies ist mein erster Lauf! Als ich mich angemeldet habe, wollte ich einfach nur mitlaufen. Irgendwann hatte ich dann aber im Kopf: „Ok, die 5km unter 30 Minuten“. Keine Ahnung, woher dieser „Wunsch“ kam! Da ich Laufanfänger bin, ist das für mich persönlich kein leichtes Ziel! Ich müsste tatsächlich dafür trainieren, mit 10km/h 30 Minuten durchzulaufen. Ein überhöhter Anspruch an mich selbst ist entstanden, obwohl es mir doch eigentlich nur ums Mitmachen ging! Und schon entsteht Stress! Völlig unnötig! Doch wie kommt es dazu? Wer setzt mir einen solchen Floh ins Ohr? Was passiert, wenn ich das Ziel erreiche? Und was wenn nicht?

Ich habe mir jetzt vorgenommen, mich während meiner Detoxzeit mal genauer mit meinen überhöhten Ansprüchen zu beschäftigen. Sie sind nämlich Ballast für meinen Geist. Sie belasten mich und vergiften meinen Geist: z.B. die Freude am Laufen (weil ich ja hart trainieren „muss“) oder die Freude an der Organisation eines lustigen Hochzeitsspiels (Ich habe nämlich hinterher keine Freude empfunden, als es vorbei war und alles geklappt hat, obwohl sich das Brautpaar riesig gefreut hat). Vielleicht finde ich ja in dieser Zeit einen Zugang zu meinem Unterbewusstsein und finde heraus, wann und warum diese übersteigerten Ansprüche entstehen. Und möglicherweise kann ich dann auch das 80/20-Prinzip besser in meinem Kopf verankern…

Wer ist noch Perfektionist unter euch? Wie geht ihr damit um?