Heute beginnt die Fastenzeit und in den letzten Tagen erreichte mich von allen Seiten die eine Frage: „Und? Was hast du dir für die Fastenzeit vorgenommen?“ Mein erster Gedanke war: „Nix.“ Doch je öfter ich gefragt wurde, desto intensiver dachte ich darüber nach, ob es etwas gibt, von dem ich tatsächlich gern in den nächsten 40 Tagen bis Ostern Abstand nehmen möchte. Mir fielen erst die Klassiker wie Verzicht auf Süßes, Alkohol etc. ein, doch irgendwie stellten diese Vorhaben aktuell keinen Reiz für mich dar. Ich wollte etwas mit mehr – nennen wir es – Sinn dahinter. Etwas Tiefgreifenderes!
Gestern kam mir ganz plötzlich etwas in den Kopf, dem ich gern in der Fastenzeit den Rücken kehren möchte (am liebsten ganz generell): Ich nehme mir für die Fastenzeit vor, über andere Menschen nicht mehr schlecht zu denken und zu reden, sondern die Menschen in meinem Umfeld einfach mal so sein zu lassen, wie sie sind.
Das klingt jetzt erst einmal so hochtrabend und als wenn ich sonst nur lästernd durch die Welt laufe. Nein, das würde ich nicht über mich sagen. Aber es sind die kleinen Dinge, die einfach jedem von uns unbewusst passieren und die mir persönlich gerade in letzter Zeit deutlich aufgefallen sind. Kennt ihr auch die Autofahrerin morgens auf dem Weg zur Arbeit, die zum zweiten Mal ihren Wagen an der Ampel abwürgt? Oder den Kollegen im Büro, der einfach keinen Kleidungsstil hat und immer wieder ins Fettnäpfchen tritt? Oder wie wär’s mit der Kassiererin im Supermarkt, die auch bei der längsten Schlange die Ruhe weg hat? Oh ja, diese Menschen kennen wir alle! Und dabei können es doch gar nicht dieselben Personen sein…Seltsam oder?
Es sind vielmehr unsere negativen Gedanken über diese Menschen, die sie zu dem machen, was wir in ihnen sehen. Sei es die lahme Schnecke an der Kasse oder der Büro-Nerd mit der miesen Frisur! Und aus diesem Grund will ich genau von diesen negativen Gedanken Abstand nehmen und fasten! Eigentlich möchte ich sogar noch weitergehen. Immer dann, wenn solche „Tabu“-Gedanken in mir hochkommen – und das werden sie am Anfang mit Sicherheit – will ich sie durch positive Gedanken ersetzen. So könnte ich mich z. B. fragen:
- Wie fühlt sich wohl die Frau, die an der Ampel ihr Auto zum zweiten Mal abwürgt?
- Was hat der Kollege mit dem schlechten Kleidungsstil doch für warme, herzliche Augen?
- Und will die Kassiererin im Supermarkt vielleicht einfach nur keinen Fehler machen und arbeitet deswegen so langsam?
Als ich einem Freund von dieser Fastenidee erzählte, prägte er spontan den Begriff „Karma-Fasten“. Ich musste erst einmal schmunzeln, doch je mehr ich darüber nachdachte, desto passender fand ich dieses Fasten-Motto. Denn Karma ist der Glaube an das Gesetz von Ursache und Wirkung. Wenn wir Gutes tun, sammeln wir gutes Karma, das uns irgendwann später selbst zu Gute kommt. Beladen wir uns dagegen mit negativem Karma, weil wir über andere Menschen schlecht reden etc., dann wird dies auch zu uns zurückkommen. Dies klingt natürlich sehr spirituell. Doch ich glaube ganz einfach an das Phänomen der Ausstrahlung! Nämlich, dass wir unsere negativen Gedanken, die wir insgeheim hegen oder hinter vorgehaltener Hand aussprechen, auch gegenüber den betroffenen Menschen ausstrahlen. Und genau das spüren sie und reagieren ihrerseits auf uns. Karma, baby! :-)
Und die Frage, die ich mir außerdem stelle: Geht es mir eigentlich besser, wenn ich mich über andere Menschen aufrege, über sie lache etc.? Wir handeln oft so impulsiv und merken gar nicht, dass wir uns in einer Spirale negativer Gedanken befinden. Rege ich mich z.B. ständig über eine Kollegin auf, kann ich irgendwann gar nichts Positives mehr an ihr wahrnehmen. Doch letztendlich geht es allein MIR damit schlecht…nicht unbedingt der Kollegin!
Mich hat dieser Gedankengang überzeugt. Und so werde ich in den nächsten 40 Tagen das Karma-Fasten ausprobieren! Ganz für mich allein. Die anderen dürfen einfach mal so sein, wie sie eben sind. Und ich werde sehen, wie es mir danach geht…ich bin gespannt! Als kleine Einstimmung lese ich jetzt mal wieder „Mieses Karma“ von David Safier. Ich liebe das Buch! Hoffentlich werde ich nicht zur Ameise… ;-)
Was haltet ihr vom Fasten? Habt ihr euch ebenso ein Fasten-Motto für die Zeit bis Ostern vorgenommen?