Ich bin mir ziemlich sicher, die meisten von euch haben auch schon mit ihm Bekanntschaft gemacht. Er ist die „gemeine“ Stimme in uns, die uns täglich oder auch nur in bestimmten Situationen das Leben schwer macht, in dem sie uns zu mehr Schnelligkeit und Eile im Alltag antreibt.
In meinem Leben tritt mein innerer Antreiber – Gott sei Dank – nur noch an bestimmten Tagen auf. Doch dann ist er sehr unangenehm! Seine Botschaften schmerzen, denn er trifft mich in jenen Tagen, wenn ich ohnehin bereits in Hektik bin und mich gestresst fühle. Als wenn er dies wittern würde, kommt er in genau diesen Momenten zum Vorschein und legt noch mal eine Schippe oben drauf. Wenn der innere Antreiber loslegt, knallt er mir Sätze um die Ohren wie „Warum hast du das noch nicht erledigt?“, „Das, dies und jenes wolltest du noch machen!“ oder „Vergiss bloß nicht diese wichtige Sache!“. Als wenn das nicht genug wäre, muss er mir auch noch vor Augen führen, was ich alles zusätzlich noch nicht getan habe. So zeigt er mir auf, dass ich nicht nur noch nicht meine Aufgaben im Job vollständig erledigt habe, die ich unbedingt schaffen wollte, nein, er führt mich auch noch vor, dass ich unbedingt mal wieder Fenster putzen wollte, mein Paket noch nicht von der Post geholt habe, das seit 2 Tagen dort liegt….ach und die Zimmerpflanzen brauchen auch mal wieder Wasser. Das müsse mir doch schon seit Tagen auffallen…. HALLO, MEIN INNERER ANTREIBER!
Wie mich mein innerer Antreiber früher fertig gemacht hat
Früher hat er mich an genau diesen Tagen in die Knie gezwungen. Ich habe mich noch hektischer verhalten, als ich ohnehin schon gehandelt habe, und bin wie ein aufgescheuchtes Huhn völlig kopflos durch die Gegend gelaufen, um seinem Diktat möglichst gerecht zu werden und mich – neben meinem vollgepackten Tag – auch noch um die Dinge zu kümmern, die meinem inneren Antreiber auf einmal noch zusätzlich eingefallen sind. NO CHANCE! Ich hat nie geklappt, ihm an diesem Tagen gerecht zu werden und mich „schnell“ noch um ALLES zu kümmern. Abends ging ich traurig und völlig gestresst ins Bett.
Mittlerweile bin ich – Gott sei Dank – schlauer und erkenne frühzeitig, wenn mein innerer Antreiber auf die Bühne tritt. Heute Morgen begann mal wieder solch ein Tag. Ich wusste, nach meinem großen Redesign-Projekt sind einige Aufgaben schlichtweg liegen geblieben, die mich natürlich jetzt einholen. Das hat meinen inneren Antreiber geweckt und er wollte wieder zur Hochform auflaufen. Er hatte schon Luft geholt und legte los mit den ersten Sätzen à la „Das, das, das musst du noch… Und am besten gleich ALLES HEUTE!“. Da fuhr ich ihm mit einem Lächeln ins Wort. „Nein“ war meine Antwort. Den Stift für das Malen meiner ellenlangen ToDo-Liste hatte ich schon in der Hand, doch ich legte ihn seelenruhig weg und sagte noch einmal: „Nein“. Mein innerer Antreiber war sichtlich irritiert. Wieso sagte ich „nein“?!
Was treibt den inneren Antreiber eigentlich an?
Ich sagte heute Morgen „nein“ zu ihm, weil ich zum einen wusste, dass ich ihm eh heute nichts recht machen konnte, selbst wenn ich mich um die 20 „unbedingt heute“ zu erledigenden Aufgaben kümmern würde. Zum anderen verstehe ich heute, was mir mein innerer Antreiber mit seiner Hektikmache eigentlich sagen möchte. Er ist nämlich in Wahrheit ein lieber Kerl, der mir im Grunde nur eine wichtige Botschaft sagen will: „Hey, ich habe Angst, dass du deinen Alltag nicht im Griff hast. Ich habe Angst, dass du etwas Wichtiges vergisst. Ich habe Angst, dass du etwas Wichtiges verpasst….Ich habe Angst.“ Punkt. Mehr ist es nicht.
Der innere Antreiber ist uns allen bekannt. Er hat viele verschiedene Gesichter, je nachdem was unser persönliches Thema mit ihm ist. In der Psychologie werden 5 verschiedene Antreiber unterschieden. Ihre Botschaften sind:
- Sei stark!
- Sei perfekt!
- Mach es allen recht!
- Beeil dich!
- Streng dich mehr an!
Es können jedoch auch Mischformen auftreten und unserem persönlichen inneren Antreiber ein individuelles Gesicht geben, das ihn schwerer zu erfassen macht. Doch egal, mit welchen Sätzen euer innerer Antreiber euch begegnet, ob er mehr der Perfektionist ist, der euch triezt oder ob er euch ständig ermahnt, euch mehr anzustrengen. Es steckt tief auf dem Grund des inneren Antreibers immer ein- und dasselbe Motiv dahinter: Angst. Angst, nicht gut genug zu sein. Angst, es nicht zu können. Angst, etwas im Leben zu verpassen. Angst vor Ablehnung durch andere Menschen. Oder Angst, abhängig zu sein und verletzt zu werden.
Wie ich mich von meinem inneren Antreiber freimache
Seit ich in den letzten Jahren genau dieses Prinzip der Angst verstanden habe, kann ich meinem inneren Antreiber anders begegnen. Vorausgesetzt natürlich, dass mir bewusst wird, wenn er gerade am Werk ist und die Zügel meines Handelns übernehmen möchte.
Wenn mir – wie heute Morgen – bewusst wird, dass der innere Antreiber ein Teil in mir ist, der eigentlich nur Angst hat, dann setzt plötzlich ein tiefes Mitgefühl in mir ein. Dann kann ich nicht anders als liebevoll zu reagieren, statt mich selbst zu hetzen und antreiben zu lassen. Und dieses liebevolle Handeln ist ein liebevolles „Nein“. Es ist ein „Nein“ seiner Angst weitere Nahrung zu geben, denn wenn ich seinem Antrieb folge würde, beweise ich ihm nur immer wieder und wieder, dass ich seine ellenlange Todo-Liste selbst als Superwoman nicht erledigen könnte. Mit meinem liebevollen „Nein“ lenke ich ihn bewusst in eine andere Richtung. Ich sage ihm, dass ich mich garantiert um alles kümmern werde, was er mir sagt. Dass ich mir jedoch dabei MEINE Zeit lasse. Dass ich es so tue, wie es mir damit gut geht. Ich fange mit den wirklich dringendsten Dingen heute an und schreibe mir die anderen ganz in Ruhe für morgen, übermorgen, überübermorgen und die weiteren Tage auf. Ich mache jeden Tag ein bisschen und zeige ihm damit, dass ich sehr wohl mein Leben im Griff habe und dass ich nichts Wichtiges verpasse und vergesse. Ich bin sogar noch besser dabei, als er je gedacht hätte, denn ich kümmere mich währenddessen auch noch gut um mich und laufe eben NICHT wie ein aufgescheuchtes Huhn durch die Gegend!
An dieser Stelle muss ich immer wieder an einen Satz denken, den ich vor einigen Jahren von meinem ersten Chef gelernt habe: „Wenn du es eilig hast, gehe langsam.“ Damals habe ich die Bedeutung dieses Satzes nicht wirklich verstanden bzw. sie nicht wertgeschätzt. Heute und besonders heute Morgen habe ich liebevoll an diesen Satz gedacht und ihn mir genau zur Maxime gemacht. Ich bin entspannt in den Tag gestartet, habe mich heute um die wirklich wichtigen Dinge gekümmert und hatte jetzt sogar noch Zeit, diesen Post mit dieser hoffentlich auch inspirierenden Geschichte für euch zu schreiben. Mein innerer Antreiber hat übrigens erleichtert geseufzt und sich mit einem zufriedenen Lächeln wieder schlafen gelegt. Bis zum nächsten Mal!