Gerade bin ich frisch von meiner Ayurveda-Kur zurückgekehrt, da schwirren in meinem Kopf immer noch die typisch-ayurvedischen Begriffe durch meinen Kopf: Prakriti, Rasayana, Agni, Dosha und viele mehr. Manche davon sind mir schon während meiner Yogalehrer-Ausbildung am Rande begegnet, andere waren mir völlig fremd und einige besondere Begriffe beschäftigen mich nun bereits seit einigen Wochen sehr intensiv.
Es geht um die Doshas und die Ayurveda-Typen. Ich habe während meiner Kur nicht nur erfahren, welches meine spezielle Dosha-Konstitution ist, sondern auch eine ganze Menge über die Doshas, ihre Störungen und ihre Balance gelernt. Dieses Wissen möchte ich euch heute gern mit euch teilen.
Die 3 Doshas im Überblick: Vata, Pitta und Kapha
Im Ayurveda – der Lehre vom langen Leben – werden alle Menschen in ihren körperlichen und geistigen Funktionen von den drei Doshas geprägt. Dabei handelt es sich um drei grundlegend verschiedene Prinzipien, aus denen sich die individuelle Konstitution jedes Menschen zusammengesetzt. Das heißt, jeder Mensch wird mit seiner persönlichen Mischung der drei Doshas geboren. Diese wird durch die Konstitution der Eltern, den Zeitpunkt der Empfängnis und weitere Faktoren bestimmt.
Vata steht für das Bewegungsprinzip und bedeutet übersetzt „Luft/Wind“. Es ist das Prinzip der Veränderung/ Wechselhaftigkeit und die zugeordneten Elemente sind Luft und Äther. Vata steht für Trockenheit und Kälte. Das Vata-Dosha gilt als das anführende Dosha. Es gerät meist als erstes aus dem Gleichgewicht und bestimmt im besonderen Maße unser geistiges sowie körperliches Wohlergehen.
Charakteristische Vata-Eigenschaften sowohl auf körperlicher als auch auf geistiger Ebene sind:
- sehr groß oder sehr klein
- schlanker, dünner und zarter Körperbau
- längliches Gesicht, kleine Augen
- unregelmäßige Zähne und schmalere Lippen
- geringes Gewicht und leichter Körperbau
- trockene Haut, trockene Haare, lockiges Kringelhaar
- friert leicht, speziell an Händen und Füßen
- begeisterungsfähig, geistig sehr wendig
- unregelmäßiges Hungergefühl und unregelmäßige Verdauung, Neigung zur Verstopfung
- schnelle Auffassungsgabe
- Neigung zu Sorgen und Kummer
- leichter und unterbrochener Schlaf
- verspricht viel, kann aber dann nicht einhalten
- hat viele Ideen, bringt aber nur wenig zu Ende
- wirkt manchmal „durch den Wind“
Pitta steht für das Prinzip der Umwandlung und beeinflusst im großen Maße unseren Stoffwechsel sowie seine biochemischen Prozesse. Die zugeordneten Elemente sind Feuer und Wasser. Damit ist Pitta heiß und trocken.
Charakteristische Pitta-Eigenschaften bei uns Menschen sind:
- feines, weiches Haar, meistens blond oder rötlich
- herzförmiges Gesicht, oft mit einem ausgeprägten Kinn
- helle, leicht gerötete Haut, oft mit Sommersprossen
- Neigung zu Sonnenbrand
- mittelgroße Augen in hellblau, hellgrau oder grün
- mittelgroßer Mund und Lippen
- mittlerer, oft muskulärer Körperbau
- mittlere Stärke und Ausdauer
- starker Hunger oder Durst, kann keine Mahlzeit auslassen
- gute Verdauung
- neigt unter Stress zur Gereiztheit und zu Zornausbrüchen
- verträgt keine direkte Sonne oder heißes Wetter
- unternehmungslustig
- liebt Herausforderungen und Abenteuer
- Konkurrenz- und Wettkampfdenken
- scharfer Intellekt
- präzise, deutliche Sprache
Kapha als drittes Dosha steht für das Trägheitsprinzip und repräsentiert die Elemente Erde und Wasser. Kapha ist kühl. Es steht für Stabilität, das Nährende, Fürsorgliche und Mütterliche und ist auf körperlicher Ebene für alles Feste wie beispielsweise Knochen, Zähne und Nägel zuständig.
Charakteristische Kapha-Eigenschaften im Körper und Geist sind u.a.:
- stabiler und schwerer Körperbau mit Neigung zu Übergewicht
- große Stärke und Ausdauer
- geht Dinge langsam, aber methodisch an
- Neigung zu glatter und fetter Haut
- geringes Hungergefühl
- träge Verdauung
- ruhige und beständige Persönlichkeit
- langsame Auffassungsgabe, aber gutes Langzeitgedächtnis
- tiefer und langer Schlaf
- kräftiges, eher dunkles Haar
- schwer aus der Ruhe zu bringen
- steht zu seinem Wort und bleibt dran, wenn er etwas angefangen hat
- neigt zur Melancholie und Jammerei
- nimmt das Leben eher schwer
- bewegt sich nicht so gerne
Jeder von uns lässt sich nun zu einem gewissen Grad in die einzelnen Doshas einordnen. Sehr selten wird ein Mensch nur von einem Dosha stark geprägt, so dass er oder sie ein reiner Vata-, Pitta- und Kapha-Typ ist. Häufiger kommt es vor, dass wir sogenannte Mischtypen sind.
Die Mischtypen Vata-Pitta, Pitta-Kapha, Vata-Kapha und das Tri-Dosha
Zu den gemischten Ayurveda-Typen gehören wir, wenn wir etwa gleich stark von zwei oder gar drei der Doshas bestimmt werden. Dadurch ergeben sich 4 spannende Konstellationen, die eben einen Mix aus den oben genannten Eigenschaften ergeben. Ich möchte jetzt gar nicht zu jedem ins Detail gehen. Dazu gibt es tolle Bücher, wovon ich „Ayurveda Kompakt“ von Kerstin Rosenberg absolut zum Einstieg empfehlen kann.
Jedoch möchte ich über einen Mischtyp mehr erzählen – nämlich den Vata-Pitta-Typ, zu dem auch ich gehöre. Zunächst einmal fand ich es absolut spannend, dass aus unserer Gruppe in der Ayurveda-Kur etwa 50 Prozent genau wie ich ein Vata-Pitta-Typ waren. Unsere Kurleiterin Nina meinte, dass sie das auch immer häufiger beobachtet, weil dieser Typ auch sehr gut in unsere schnelllebige, facettenreiche Zeit passt. Und damit direkt zur Beschreibung:
Vata-Pitta-Typen können das beste aus den 2 Welten vereinen. Sie sind ideenreich, neugierig, kreativ, einfühlsam, schlank und feenhaft. Gleichzeitig sind sie typisch Pitta: unternehmungslustig, mutig, robust, durchsetzungsstark und super Führungspersönlichkeiten bzw. Macher. Kein Wunder, dass sie so perfekt in die heutige Welt passen, oder?
Was zunächst einmal so wunderbar klingt, hat aber auch eine Kehrseite. Sie vereinen in sich zwei stark gegensätzliche Doshas und haben ihr Leben lang mit der Balance beider Seiten zu tun.
- Der Träumer und der Macher.
- Der Kreative und der knallharte Realist.
- Die Elfe und der Abenteurer.
- Der Einfühlsame und der Dominante.
- Der Verständnisvolle und der Sturkopf.
Als ich mich mit meiner Konstitution intensiv auseinander gesetzt habe, sind mir genau diese Gegensätze in mir sehr bewusst geworden. Insbesondere in meiner Persönlichkeit finde ich beides sowohl mit den wunderbaren Vorzügen als auch mit den Schattenseiten wieder. Ebenso erlebe ich häufiger im Inneren diesen ewig währenden, kleinen Kampf. Es ist ein bisschen wie mit dem Engelchen und dem Teufelchen auf meiner Schulter.
Obwohl ich diese zwei „Stimmen“ schon vor meiner Kur sehr bewusst wahrgenommen und mit ihnen gearbeitet habe, hat mir die Ayurveda-Lehre in dieser Hinsicht noch einmal ein tolles Bild zur Bestätigung meiner Beobachtung geliefert. Mir ist jetzt klar geworden: Am glücklichsten, friedvollsten und erfolgreichsten lebe ich, wenn ich die besten Seiten beider Doshas vereine. Und dazu habe ich wertvolle Tipps erhalten!
Ayurveda-Typen im Test: Wie finde ich meine persönliche Dosha-Konstitution?
Der genaueste Test, um die persönliche Dosha-Konstitution zu bestimmen, ist ein ausführliches Anamnese-Gespräch mit einem Ayurveda-Spezialisten. Während der Kur hatte ich ein langes Gespräch mit der Kurleiterin. Sie hatte mich schon ein, zwei Tage in meinem Verhalten und meinem Wesen beobachtet sowie Notizen zu meinen körperlichen Details und meiner Ernährung gemacht. Im Gespräch beleuchteten wir noch ausführlich die Bereiche wie Verdauung, Appetit sowie körperliche Störungen und Krankheiten. Aus allen gesammelten Fakten wurde eben sehr schnell klar, dass ich ein Vata-Pitta-Typ bin. Körperlich überwiegend Pitta und seelisch eher Vata. Der Kapha-Anteil ist bei mir nur sehr gering ausgeprägt.
Zu einer sehr ähnlichen Einschätzung bin ich bereits über einen Selbsttest der Ayurveda-Typen gekommen. Hierzu findet ihr viele Informationen in Ayurveda-Büchern und auch Online mit einem praktischen Ayurveda-Test zum Durcharbeiten. Die eigene Bestimmung ist damit kein Hexenwerk, jedoch fehlt dabei natürlich die professionelle Interpretation und Handlungsempfehlung.
Wie kann ich mein Leben nach meiner Dosha-Konstitution gestalten?
Die bei der Geburt festliegende Konstitution (Prakriti) stellt für die jeweilige Person die individuelle Norm eines ausgeglichenen Zustandes dar. Dabei kann durchaus eines der drei Doshas stark überwiegen, zum Beispiel bei einer Pitta-Konstitution. Erst wenn das Gleichgewicht der Doshas – relativ zur Konstitution(!) – ins Ungleichgewicht gerät, entsteht ein unnatürlicher, potentiell krank machender Zustand (Vikriti). Diese Ungleichgewicht kann u.a. durch schlechte Lebensgewohnheiten, falsche Ernährung, Stress oder ungesunde Beziehungen ausgelöst werden.
Im Ayurveda wird daher angestrebt, den individuellen Zustand der Prakriti aufrechtzuerhalten. In meinem persönlichen Fall geht es beispielsweise darum, dass ich Vata und Pitta in Balance halte und nicht eines der beiden Doshas zu sehr überhand nimmt. Ich muss jedoch nicht daran arbeiten, mein Kapha zu stärken, da ein starkes Kapha gar nicht zu meinem „Normalzustand“ gehört.
Für mich ist es daher wichtig, mein Leben so zu gestalten, dass ich beiden Doshas Vata und Pitta gerecht werde. Ich darf mich zum Beispiel beim Sport ordentlich verausgaben (Pitta), sollte danach aber auch für die Beruhigung meines „unruhigen“ Geistes (Vata) mit einer Meditation o.ä. sorgen. Ebenso habe ich klare Handlungsempfehlungen für meine Ernährung bekommen. Sie lauten – nur um ein Beispiel zu nennen: Ich sollte mehr lauwarme Mahlzeiten und weniger Rohkost essen, um mein Vata auszugleichen.
Übrigens wird im Ayurveda auch im Fall einer Erkrankung immer im Hinblick auf die Konstitution bzw. auf das aus dem Gleichgewicht geratene Dosha behandelt. Das Ziel dabei ist, den Zustand des individuellen Gleichgewichts wiederherzustellen und dadurch zur Heilung beizutragen.
Wo sind die Grenzen der Lebensweise nach den Doshas?
Mich persönlich hat die Ayurveda-Kur und das neu erworbene, umfangreiche Wissen über die Ayurveda-Typen total fasziniert – kein Wunder bei meinem Vata-Anteil! :-) Ich habe viel Nützliches und Wohltuendes gelernt, was ich auch bereits in meinen Alltag integriert habe. Dafür bin ich super dankbar und ich lese auch weiter mit viel Freude in meinem dicken Ayurveda-Buch nach.
Gleichzeitig habe ich gemerkt, dass ich mich mit einigen Dingen und Abläufen gar nicht anfreunden konnte. Das ist für mich genauso ok! Ich nutze Ayurveda gern als Hilfsmittel, um meine EAT TRAIN LOVE Lebensweise anzureichern, sehe es aber undogmatisch und locker. So trinke ich z.B. weiter meinen Grünen Smoothie oder esse auch mal abends einen großen leckeren Salat, wenn mir danach ist. :-)
Fotocredit: Large group of young people… von Shutterstock