Ich möchte dieses Sofa-Wetter heute mal nutzen und euch von einem faszinierenden Buch erzählen, was mich mittlerweile schon seit fast einem Jahr begleitet. Es ist ebenfalls von Barbara Sher und trägt den tollen Titel: Du musst dich nicht entscheiden, wenn du tausend Träume hast.

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Ich bin damals durch Zufall auf dieses Buch gestoßen. Es war gerade die Zeit, als ich das Ende meines berufsbegleitenden Studiums bereits absehen konnte und endlich wieder Zeit hatte, schöne Dinge zu tun. In dieser Zeit sprudelten täglich, fast stündlich neue Ideen aus mir heraus, was ich mal ausprobieren will, mit was ich mich gern beschäftigen möchte, was ich als nächstes lese usw.! Es war so überwältigend viel, dass ich das Gefühl hatte, dass ich bei der Flut meiner Ideen gar nicht von der Stelle kam. Ich konnte mich nicht entscheiden, was ich als nächstes tun will, weil sofort wieder eine neue Idee in meinem Kopf war. Ich habe mir viele Dinge gekauft, sie ausprobiert, aber auch recht schnell wieder das Interesse verloren. Es war immer das Gleiche!

Doch dieses Gefühl der sprudelnden Ideen war mir absolut nicht unbekannt. Eigentlich immer wenn ich nur ein bisschen gedanklichen Freiraum hatte (in den Ferien, nach dem Abi, nach dem Bachelor-Studium), ging es mir genauso!

Ich fand diese Ideenvielfalt und Sprunghaftigkeit sehr komisch! Es war mir regelrecht unheimlich, weil ich mich so gar nicht kannte. In der Schule und im Studium war ich sehr gut darin, mich auf eine Sache zu konzentrieren und alles darüber zu lernen, bis die Prüfung kam. Da war ich gar nicht sprunghaft. Aber in meiner freien Zeit schien mein Kopf plötzlich überzusprudeln. Warum erging es mir in diesen freien Phasen so?

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Da bin ich durch ein bisschen Googlei auf dieses wundervolle Buch gekommen und ich habe mich sofort darin wiedergefunden!

Barbara Sher beschreibt dieses Phänomen, was auch bei mir wiederzufinden war, als eine ganz besondere Begabung von Menschen. Diese Menschen sind sogenannte Scanner! Sie haben eine unbändige Neugier auf eine Vielzahl von Themen, die überhaupt kein Muster dahinter erkennen lassen, und wollen sich am liebsten mit all ihren Ideen sofort und gleichzeitig beschäftigen. „Für Scanner ist die Welt wie ein riesiger Süßigkeitenladen voller Verlockungen. Und am liebsten würden sie mit beiden Händen zugreifen und sich die Taschen vollstopfen.“ (Quelle)

Im ersten Moment hört sich das alles wunderbar und problemlos an. Das ist jedoch nicht der Fall. In unserer heutigen Erziehung und Kultur lernen wir Menschen, dass wir es als „Hans-Dampf-in-allen-Gassen“ nicht weit bringen werden. Jeder Mensch sollte wissen, was er gern mit seinem Leben anfangen möchte, und sollte genau dies tun. Expertentum, Spezialisierung und Geradlinigkeit sind gefragt! Es wird als oberflächlich, sprunghaft und beunruhigend empfunden, wenn jemand ständig wechselnde Interessen hat und sich mit neuen Dingen befasst. Man erklärt ihnen immer wieder, dass sie etwas verkehrt machen und sich ändern müssen.

Aus diesem Grund denken Scanner laut Sher häufig, dass mit ihnen etwas nicht stimmt. Sie sind ständig auf der Suche nach der einen Sache, die sie für immer fesseln und glücklich machen wird. Doch sie werden nicht fündig. Immer wieder kreiert ihr Kopf neue Ideen, die sie sich dann verbieten, weil sie denken, dass sie doch nicht schon wieder die Richtung ändern können. Sie zwingen sich durch Willenskraft zu einer klaren Linie und werden dadurch unglücklich. Und um es noch einmal mit dem Bild des Süßigkeitenladens zu verdeutlichen: Scanner verhungern regelrecht im Süßigkeitenladen, weil sie sich für eine Sache entscheiden sollen, obwohl sie eigentlich so viele mehr wollen. Wenn sie sich dann für eine Süßigkeit entscheiden, dann geht es ihnen damit ganz und gar nicht gut.

Barbara Sher beschreibt im ersten Teil des Buches diesen besonderen Menschentyp des Scanners sehr genau. Sie erklärt, warum er so denkt, wie er denkt, wie ein Scanner seine Begabung im Leben respektieren und für sich nutzen kann, wie ein Scanner glücklich wird und wie er mit den Vorurteilen umgehen kann.

Im zweiten Teil des Buches unterscheidet sie verschiedene Typen von Scannern. Jeder Scanner kann sich in einem oder mehreren Typen davon wiederfinden und erfährt, welches Lebensmodell und welcher Beruf zu ihm/ ihr passt.

Durch das Lesen dieses Buch habe ich verstanden, dass ich durch und durch eine Scannerin bin. Ich interessiere mich seit meiner Kindheit für so viele unterschiedliche Dinge, die in keinem Zusammenhang zueinanderstehen, ich habe ständig neue Ideen, mit was ich mich beschäftigen möchte, ich bin sehr neugierig, ich lerne unheimlich schnell, aber es fällt mir sehr schwer, für lange Zeit an einer Sache dran zu bleiben. Ich finde es viel aufregender, mich nur zu einem gewissen Grad mit einer Sache zu beschäftigen und dann zu etwas Neuem überzugehen. Wenn ich eine neue Idee habe, dann kribbelt es in mir und ich will sofort damit loslegen, egal was es ist! Beschäftige ich mich jedoch sehr intensiv mit einer Idee, dann kommt irgendwann der Punkt, an dem meine Motivation ganz plötzlich abfällt. Ich habe dann das Gefühl, ich weiß jetzt alles darüber und will auch nicht mehr tiefer eintauchen.

Was ich oben noch als Problem geschildert habe, war also auch bei mir die typische Denkweise eines Scanners, weil ich dachte, dass ich einfach nicht so sprunghaft sein kann und mich auf etwas festlegen muss. Aber je mehr ich mich festgelegt habe und mich durch Dinge „durchquälen“ musste, desto mehr habe ich gelitten.

Das Buch habe ich quasi an einem Stück gelesen und es tat mir soooo… gut! Ich habe mich verstanden und erleichtert gefühlt! Sofort habe ich mit den ersten darin beschriebenen Schritten losgelegt. Aber es ist auch nicht so einfach seine jahrelange Denkweise von einem Tag auf den nächsten über den Haufen zu werfen und seine besondere Begabung zu schätzen. In der letzten Zeit habe ich das Denken wieder ein wenig aus den Augen verloren. Ich bin momentan auf der Suche nach Themen, die mich gegebenenfalls nebenberuflich interessieren könnten, und war schon wieder beunruhigt, weil ich mir so viele Dinge vorstellen konnte und mich auf nichts festlegen wollte. Gestern Abend habe ich mir mal wieder das Scanner-Buch geschnappt. Bereits das Lesen der ersten Seiten hat mir Erleichterung verschafft und mir gezeigt, dass ich mich mit meiner gezielten Suche in letzter Zeit, wieder selbst eingeschränkt habe, weil ich dachte, dass ich unbedingt etwas (und nicht vieles) finden muss. Jetzt bin ich entspannter und werde meinem Geist wieder Freilauf lassen. :-)

Wenn ihr das „Problem“ des ständigen Ideensprudelns, der Unbeständigkeit und der unbändigen Neugier kennt, dann kann ich euch nur wärmstens das Buch „Du musst dich nicht entscheiden, wenn du tausend Träume hast“ empfehlen! Es ist ein großartiger Ratgeber! Und ich kann euch versprechen, dass ihr euch nach der Lektüre viel besser fühlen werdet. Ihr werdet euch anders sehen und euer vermeintliches Problem zum ersten Mal als eine Begabung begreifen.

Alles Liebe!

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